Der Ausbau
Das Ausbauprogramm Deutsche Bucht
Kommandountemehmen im Eismeer, in Norwegen, Frankreich und Holland machte die schlechte infanteristische Verteidigung der ostfriesischen Inseln deutlich. So wurde zunächst 1942 die Aufstellung sogenannter Einwohnerwehr-Bataillone geplant, was aber erst Ende 1944 mit der Rekrutierung des Volkssturms umgesetzt wurde. Im Frühling 1943 begannen aber die Vorbereitungen zum Bau infanteristischer Verteidigungsstellungen wie betonierte MG- und Beobachtungsstände. Schon am 25. Juni 1943 meldet das Kriegstagebuch acht fertige Tobruk-Bunker und diverse Schützenlöcher ausgebaut und getarnt.
Das Marine Oberkommando gab am 10.3.1944 das Ausbauprogramm für die Deutschen Bucht bekannt. Im Mai begannen an den östlichen Stranden die Schanzarbeiten mit dem Setzen von Strandhindemissen (Rommelspargel, Flandernzäune (eingerammte Baumstämme mit Draht verbunden). Auflaufböcken und Vorstrandhindernissen aus Eisenbahnschienen und Beton). Der Bunkerbau wurde verstärkt , als am 7.6.1944 - einen Tag nach der alliierten Invasion in der Normandie - 250 holländische Dienstverpflichtete aus dem Durchgangslager Amersfoort auf Nordemey eintreffen. Sie, russische, französische und italienische Kriegsgefangene und Dienstverpflichtete der Organisation Todt, örtliche Baufirmen und der RAD sollen laut OKM-Befehl vom 26.5.1944 den Bunker- und Stellungsbau auf Nordemey vornehmen. Das Bunkerbauprogramm, das ein Bestandteil der Wiederaufrüstung der Deutschen Bucht 1944 bildet, sah für Norderney folgende Regelbauten vor
1 |
Einheitsmaschinenraum |
Typ M 183 |
1 |
Munitionsauffüllraum Flak |
Typ FL 246 |
1 |
Maschinen-Kleinstunterstand |
Typ FL 283 |
1 |
Flak-UGruKo |
Typ FL 354 |
3 |
Doppel-Gruppenunterstand |
Typ 622 |
4 |
Unterstände für Verwundetensammelstelle |
Typ 661 |
11 |
Kleinstunterstände |
Typ 668 |
1 |
Scharten-Bunker |
Typ 681 |
20 |
Ringstände (Tobruk-Stand) |
z.T. Truppenselbsthilfe |
3 |
Panzersperren auf der Promenade |
Die Ringstände wurden an der Kaiserwiese, Marienhöhe, Villa Olga, Deichstraße, der Bahnschleife östlich der Meierei und an der Straßenkreuzung Mühlenstraße/ Marienstraße betoniert. Für die Volkssturm-Abteilungen und das im November 1944 aufgestellte Marine Inselbataillon 355 hob man Schützengräben an der Marienhöhe, Kaiserstraße und am Seehospiz aus. In der Meierei Düne entstand eine Großbaustelle für einen Flakkommando-Bunker, samt anliegendem Maschinen-Bunker und einer Sendeanlage, den die Marine-Flak als Haupt-Gefechtsstand und Zentrale der Flugabwehr vorsah. Rege Bautätigkeit herrschte auch an der heutigen OASE. Dort waren vier Bunker im Bau, über deren Funktion man nur an Hand der Baulichkeiten mutmaßen kann, daß dort eventuell auch eine befestigter Stützpunkt geplant war. Meierei-Düne, Stützpunkt Ost und Oase wurden bis Kriegsende zwar betoniert und teilweise installiert, aber nicht fertiggestellt.
Den dienstverpflichteten Arbeitern wurde im Juli 1944 ein Tariflohn von 0,64 RM + 0,02 RM Inselzulage zugestanden. Ob und wie die Entlohnung erfolgte, ist nicht mehr feststellbar. Zusätzlich zu den OT-Kräften waren noch 400 Soldaten im Bunker- und Stellungsbau tätig. Erst im Januar 1945 wurden die Arbeiten an dem Munitions-Bunker Weiße Düne, den MG-Ständen am Hafen und der Mittel Düne, der Ausbau des Stützpunktes GROHDE und dreier Kleinstunterstände wegen Materialmangel eingestellt. Auch konnten die Fremdarbeiter und Kriegsgefangenen wegen der anhaltenden, starken Kälte und Mangel an geeigneter Kleidung nicht mehr eingesetzt werden.
Am 15.1.1945 wurde der geplante Bau des Leitstandes an der Weißen Düne vom Admiral Deutsche Bucht verboten. Die vorgesehenen Stützpunkte RATTENDÜNE und MÖWENDÜNE kamen nicht mehr zur Ausführung, da für die Erstellung in dem unwegigen Gelände die geeigneten Baumaschinen fehlten. Die dem Artilleriedepot noch im Januar zugewiesen Granat- und Flammenwerfer, leichten Maschinenwaffen und Minen wurden auf die Stützpunkte WEIßE DÜNE, GROHDE, TÜNNBAK und FLIEGERHORST verteilt.
Bis zum 31.1.1945 wurden zusätzlich 4010 m Flanderzaun , 3 Panzersperren, 18 Schützenlöcher und 8 MG-Feuerstände fertiggestellt. Wie mir berichtet wurde, arbeiteten selbst noch am Tage der Kapitulation, im Mai 1945, Dienstverpflichtete an der Tarnung für die Bunkeranlage in der Meierei Düne.
Von dem was von 1915 bis 1945 mit viel Schweiß, Sand, Steinen, Baustahl und Beton gebaut wurde, ist nur das übriggeblieben, was als ziviler Wohn- und Lageraum zu gebrauchen war. Gleich zu Anfang der Besatzungszeit (1945-1948) sprengten und demontierten kanadische und englische Pioniere sämtliche Stellungen und Bunker. Die Überreste aus Stein und Beton wurden in den 60'er Jahren in einer groß angelegten Aktion des Bundesgrenzschutz geschliffen, gesprengt und eingeebnet, so das ein halbes Jahrhundert nach Kriegsende, ohne Vorwissen kaum noch etwas von der militärischen Vergangenheit der Insel Norderney zu sehen ist...